Die E-Rechnung ist derzeit in aller Munde und viele Unternehmen sind mit ihrer Einführung und der Anpassung der Prozesse beschäftigt. Doch auch wenn die Nutzung der E-Rechnung nun eine Pflicht ist, lohnt es sich, über den Tellerrand zu blicken und die Chancen zu betrachten, die sich durch die E-Rechnung ergeben.
Automatisierung in der Beschaffung
Die E-Rechnung lässt sich in die aktuellen Digitalisierungs- und Standardisierungsvorhaben im Beschaffungsprozess eingliedern. In den verschiedenen Teilprozessen der Beschaffung werden stets entsprechende Geschäftsdokumente (z. B. Ausschreibungsunterlagen, Angebote, Verträge, Bestellungen, Lieferscheine oder Rechnungen) erzeugt, die zwischen den Auftraggebern und Lieferanten ausgetauscht werden. Für diese Dokumente wird, wie bei der E-Rechnung, nun auf XML-basierte E-Standards gesetzt, die im Gegensatz zu ihren PDF- oder gar papierbasierten Vorgängern aus strukturierten Daten bestehen. Das ermöglicht den unterschiedlichen Softwaresystemen, solche Dokumente automatisiert auszulesen, zu vergleichen und zu erzeugen. Ein sinnvoller, auf die Einführung der E-Rechnung folgender Schritt ist die Einführung von E-Bestellungen und E-Lieferscheinen. So können Automatisierungspotenziale realisiert werden:
Ein Auftraggeber erstellt eine strukturierte E-Bestellung und sendet sie seinem Lieferanten. Dieser liest sie automatisiert aus und erzeugt anhand der enthaltenen Daten automatisch einen E-Lieferschein und eine E-Rechnung und versendet sie im fortlaufenden Prozess an den Auftraggeber. Der Auftraggeber kann den E-Lieferschein und die E-Rechnung dann automatisiert durch die eigene Software auslesen und mit der eigens erstellten E-Bestellung abgleichen lassen. Stellt die Software keine Abweichungen fest, kann die E-Rechnung automatisch bezahlt und gebucht werden.
Interoperabilität zwischen den Systemen
E-Rechnungen werden zwar bereits in einem einheitlichen Standard eingesetzt, jedoch müssen sie auch zwischen den unterschiedlichen Softwaresystemen der Lieferanten und denen der Auftraggeber automatisiert und medienbruchfrei ausgetauscht werden können, um eine hohe Interoperabilität sowie hohe Effizienzgewinne zu erreichen.
Während die Unternehmen in Deutschland seit 2025 mit der Verpflichtung zur E-Rechnung konfrontiert werden, ist die Verwaltung bereits seit 2020 verpflichtet, E-Rechnungen annehmen und verarbeiten zu können. Um dieser Pflicht nachzukommen, nutzen die Bundesländer Bremen, Hamburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und (in Teilen) Nordrhein-Westfalen die Rechnungseingangsplattform von Dataport. Diese adressiert die Herausforderung, verschiedenste Systeme auf Auftraggeber- und Lieferantenseite zu unterstützen, durch die Bereitstellung unterschiedlicher Schnittstellen. Je nach Digitalisierungsgrad können die Rechnungssender E-Rechnungen per Peppol, per E-Mail oder über einen Onlinedienst (über den E-Rechnungen hochgeladen oder manuell erfasst werden können) an ihre Auftraggeber senden. Die E-Rechnungsplattform nimmt die E-Rechnungen entgegen, prüft, validiert und visualisiert sie und leitet sie an die richtigen Rechnungsempfänger weiter. Die Weiterleitung ist dabei unabhängig von der Eingangsschnittstelle und kann per Filetransfer, Webservice oder E-Mail (auch verschlüsselt) erfolgen.
Da die Rechnungsverarbeitung auch für die Verwaltung ein sehr wichtiger Prozess ist, ist zur Sicherstellung der staatlichen Handlungsfähigkeit, Flexibilität und Eigenständigkeit auch die digitale Souveränität der E-Rechnungsplattform von Bedeutung. Um diese zu gewährleisten, setzt Dataport auf Public Code. Die Plattform setzt sich aus Eigenentwicklungen von Dataport, Produkten des IT-Planungsrats von Governikus und OpenSource zusammen und wird im staatlichen Twin Data Center von Dataport betrieben.
Um die genannten Synergieeffekte der Digitalisierung der Beschaffung zu realisieren, wurde die Rechnungseingangsplattform von Dataport zuletzt grundlegend modernisiert. Dadurch sind die Komponenten in der Lage, verschiedene Standards für die unterschiedlichen Teilprozesse der Beschaffung zu verarbeiten und, wenn nötig, schnell für bestimmte Standards angepasst zu werden. Zudem ist die Infrastruktur fit für den erwarteten Anstieg des Traffics bei E-Rechnungen und flexibel für die Ergänzung zusätzlicher Schnittstellen. Somit liefert die E-Rechnungsplattform die notwendige Infrastruktur, um die diversen Softwarelösungen aus dem Beschaffungswesen mit einheitlichen Standards über unterschiedliche Schnittstellen interoperabel miteinander kommunizieren zu lassen.
Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs
Die Zukunft der E-Rechnung und der Digitalisierung der Beschaffung hält neben den Effizienzgewinnen für Wirtschaft und Verwaltung auch einen Mehrwert für die Gesellschaft bereit. Denn die E-Rechnung kann auch zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug eingesetzt werden und den Staat bei der schnellen Aufklärung von Umsatzsteuerkarussellen unterstützen. Jährlich gehen den EU-Mitgliedsstaaten dutzende Milliarden Euro durch groß angelegten und organisierten Umsatzsteuerbetrug verloren. Im Jahr 2022 waren das 60,6 Milliarden Euro, die dadurch nicht durch die EU-Staaten im Sinne der Gesellschaft ausgegeben werden konnten.
Im Rahmen der bereits durch die EU verabschiedeten ViDA-Initiative wird bis 2030 ein neues Umsatzsteuermeldesystem eingeführt, durch das Unternehmen verpflichtet werden, die bei ihren B2B-Transaktionen fällige Umsatzsteuer bei der Rechnungsstellung in Echtzeit an die Finanzbehörden zu melden. Dadurch erhält die Finanzverwaltung deutlich früher und deutlich mehr Daten, die für eine wirksame Betrugsbekämpfung notwendig sind. Dieses Umsatzsteuermeldesystem wird durch die Verwendung der E-Rechnung aufgrund ihrer Automatisierungsfreundlichkeit ermöglicht. Die Umsatzsteuerdaten werden dann während des Versandprozesses aus der E-Rechnung ausgelesen und in einem eigenen Dateiformat an die Finanzbehörden weitergeleitet. Die Finanzbehörden haben dann die Möglichkeit, mithilfe der permanent eingehenden Daten eigene Machine-Learning-Modelle zu trainieren, die Betrugsmuster schnell erkennen können. Für die technische Umsetzung der transaktionsbezogenen Umsatzsteuermeldung kann auch die Rechnungseingangsplattform von Dataport erweitert werden.